Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin_2024

Ich denke an eben jene Worte, während das gedämpfte Tageslicht durch die alten Vorhänge fällt und deinen Blick auf Zelluloid bannt. An diesem Ort, der Pressspanfurnier, Linoleumgeruch, Häkeltischdecken und Plastikblumen konserviert, entfaltet sich eine Reise zwischen uns. Wir wandeln zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, zwischen Traum und Realität. Über dem Wasser treffen sich unsere Hände – scheinbar zufällig, aber ebenso dringlich.

Ich habe längst vergessen, wie wir hierherkommen, in diesen Zwischenraum, in dem Wunsch und Wirklichkeit miteinander verschwimmen. Wir schweigen lange, bis wir uns von diesem Moment erzählen, in dem auf einmal alles möglich scheint. Zu fragil und unsicher ist das Terrain, auf dem wir uns einander offenbaren. Und trotzdem gibt es da diese Sehnsucht, diesen Drang, dahin zurückkehren zu wollen. Nicht als ein Ankommen, sondern als ein Verweilen in diesem „niemals gewesen“, in dieser Zwischenwelt.

„Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin“ 1 – dieser Satz ist die Essenz der Fotografien: Eine Reise in den Augenblick, der nie wirklich eintritt, aber stets präsent ist. Ein Moment, der nicht in die Vergangenheit gehört und nicht in die Zukunft. Ein „Bleiben“, das zugleich ein „Suchen“ ist. Ein Suchen nach dem, was nicht greifbar ist, nach dem, was vielleicht nur in der Erinnerung, im Traum, im „Dazwischen“ existiert.

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1 Aus: Thomas Brasch: Kargo. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1977.